Biografie von Ivo Andric
Ivo Andric wurde am 9. Oktober 1892 im bosnischen Dolac bei Travnik geboren.
Aus einer katholischen Handwerkerfamilie stammend, absolvierte er das Gymnasium
in Sarajewo und studierte nach 1912 mit durch den 1. Weltkrieg bedingten
Unterbrechungen Slawistik und Geschichte an den Universitäten von
Zagreb, Krakau, Wien und Graz. Vor dem 1. Weltkrieg war er Mitglied einer
revolutionär-nationalen Jugendbewegung in Bosnien und Herzegowina.
Wegen seiner politischen Betätigungen wurde Andric von der österreichisch-ungarischen
Regierung während des 1. Weltkrieges in Haft genommen.
1918 wurde er Sekretär des Zagreber Nationalrates, der die Union der Serben,
Kroaten und Slowenen proklamierte, was zum Königreich von Serbien,
Kroatien und Slowenien, dem späteren Königreich Jugoslawien,
wurde. Seit 1921 bekleidete Andric eine Reihe von diplomatischen Ämtern,
u.a. in Rom, Bukarest, Graz, Triest, Paris, Madrid, Brüssel, Genf
und Belgrad, einschließlich das des Gesandten in Berlin seit dem
1.4.1939. 1924 promovierte Andric in Graz, 1939 wurde er Mitglied der Serbisch
königlichen Akademie. 1940 wurde er, damals noch Gesandter in Berlin,
von den Nationalsozialisten interniert und 1941 nach Belgrad entlassen,
worauf er von seinem Botschafterposten zurücktrat und die Zeit des
2. Weltkrieges in Belgrad verbrachte. Danach avancierte er für einige
Jahre zum Vorsitzenden des jugoslawischen, später des serbischen Schriftstellerverbandes,
wurde gleichzeitig Abgeordneter des Jugoslawischen Parlaments und später
Filmzensor. 1961 erhielt Ivo Andric den Nobelpreis für Literatur.
Er starb am 13. März 1975 in Belgrad.
Der Gegenstand von Andrics
stark philosophisch geprägten Werken, die dem klassischen Realismus
zugeordnet werden, sind meist die Geschichte seiner Heimat Bosnien und
das dortige Alltagsleben, das durch den Zusammenstoß der Kultur des
nahen Ostens, dem Islam, und der mitteleuropäischen Kultur, dem Christentum
und der orthodoxen Kirche, geprägt ist.
Seinen literarischen
Ruf begründete der 1918 entstandene lyrische Prosatext Ex Ponto, den
Andric während seiner Gefangenschaft verfaßte. Andric schrieb
in Serbokroatisch, wobei seine Romane, Essays, Erzählungen und Tagebücher
sowohl im Original als auch in der deutschen Übersetzung durch formvollendeten
Sprachgebrauch bestechen.
Zu seinen bekanntesten Werken gehören | |||||
Na Drini cuprija | 1945 | Die Brücke über die Drina | |||
Gospodjica | 1945 | Das Fräulein | |||
und der historische Roman | |||||
Travnicka Hronika | 1945 | Wesire und Konsuln | |||
Weitere Werke sind | |||||
Zlastavljanje | 1950 | Die Mißhandlung | |||
Priva o vezirovom slonu | 1952 | Der Elefant des Wesirs | |||
Aska i vuk. - Knijiga | 1960 | Aska und der Wolf. Das Buch | |||
Ljubav u kasabi | 1963 | Liebe in der Kleinstadt | |||
Anika vremena | 1967 | Anikas Zeiten | |||
Price iz detinjstva | 1967 | geschichten aus der Kindheit | |||
Esji i kritike (4 Bände) | erschienen 1976 | Essays und Kritiken | |||
Znakovi pored puta | erschienen 1976 | Wegzeichen |
1997 erschien als bisher letztes Buch die deutsche Übersetzung von "Wesire und Konsuln", in der Andric wie in vielen anderen seiner Bücher "vom gräßlichen Fatalismus der Geschichte erzählt".